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Ist Ihre Webseite bereit für die gesetzliche Pflicht zur Barrierefreiheit?

Profilbild des Autors Thomas Ebenstein

Die Pflicht zur Barrierefreiheit kommt für Unternehmen. Doch was bedeutet Barrierefreiheit genau? Wie kann sie umgesetzt werden und ist Ihr Unternehmen betroffen? Dieser Artikel liefert die Antworten und eine Einführung in das Thema Barrierefreiheit.

Dieser Artikel ist keine Rechtsberatung und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Fehler und Irrtümer vorbehalten. Bei juristischen Fragen wenden Sie sich bitte an einen Anwalt oder Ihre Interessensvertratung (z.B. die Wirtschaftskammer Österreich)

Wen betrifft die gesetzliche Pflicht zur Barrierefreiheit?

In Europa tritt die Pflicht zur Barrierefreiheit am 28.06.2025 in Kraft. Ab diesem Datum müssen alle Online-Dienste, Webseiten und anderen digitalen Angebote barrierefrei sein.

Es gibt eine Ausnahme für Kleinunternehmen, die weniger als 10 Mitarbeiter haben oder einen Jahresumsatz von weniger als 2 Millionen Euro aufweisen (nähere Informationen der WKO Österreich zur gesetzlichen Pflicht).

Das Thema überschneidet sich aber zu einem großen Teil mit der berühmten Suchmaschinenoptimierung und ist daher auch für Unternehmen relevant, die unter die Ausnahme fallen würden.

Die Sicherstellung von Barrierefreiheit ist damit nicht nur eine Vorsorge für eine mit ziemlicher Sicherheit kommende Ausweitung des Gesetzes, sondern auch ein Investment in die eigene Suchmaschinenoptimierung und Verbreiterung der ansprechbaren User:innen (näheres zum Einfluss von Barrierefreiheit auf SEO).

Was bedeutet Barrierefreiheit im Internet?

Wie interagieren wir normalerweise mit Webseiten? Wir nehmen den Inhalt visuell als Text war und nutzen Bilder, Farben und Symbole um Strukturen zu erkennen. Wir navigieren mittels Maus oder Fingerdruck auf einen Link und geben Daten mit der Tastatur ein.

Das ist ein Zusammenspiel von mehreren Sinnen und Fähigkeiten - bereits eine kleine Beeinträchtigung kann hier zu Schwierigkeiten führen. Für betroffenen Personen gibt es dann womöglich keine Möglichkeit mit dem Online-Angebot zu interagieren.

Diese Beeinträchtigungen im Sehbereich oder der Feinmotorik können auch einfach im Alter auftreten. Jeder kennt diese Probleme von den eigenen Eltern oder Großeltern - Barrierefreiheit ist auch ein Thema, dass sie betrifft.

Barrierefreiheit von Webseiten bedeutet daher grundsätzlich die Sicherstellung, dass die eigene Webseite für Personen mit Beeinträchtigung und falls notwendig auch etwaiger Hilfssoftware wie Vorlesesoftware (bzw. Screenreadern) benutzbar ist. Dies ist zum Teil schon mit kleinen Änderungen möglich und hilft das Barrierefreiheitsgesetz zu erfüllen.

Beeinträchtigung im Sehbereich

Jede:r dreißigste Europäer:in hat z.B. eine Beeinträchtigung im Sehbereich (Disability in the EU: facts and figures). Bei eingeschränkter Sehfähigkeit ist es wichtig, dass die Schriftgröße der Webseite vom User vergrößert werden kann (das ist direkt im Browser des Benutzers möglich), ohne dass die Struktur der Webseite zu sehr verrutscht. Das kann bereits mit etwas Rücksicht bei der Programmierung sichergestellt werden.

Wenn die Person nicht oder nur sehr schlecht sehen kann, muss die Webseite mittels “Screenreader” oder einer Vorlesesoftware vorlesbar sein, damit diese Person überhaupt eine Chance hat, mit der Webseite zu interagieren. Hierfür gibt es einige kleinere Maßnahmen, die schnell helfen. Bei Links oder Bildern kann z.B. ein alternativer Text angegeben werden, der von dieser Vorlesesoftware vorgelesen werden kann. Wichtig ist es auch bei Buttons die z.B. nur einen Pfeil oder ein anderes Symbol als Beschriftung haben, so einen Text für die Vorlesesoftware zu hinterlegen. Wird das nicht getan, wird der Link, Button oder das Bild einfach übersprungen und die Person kann nicht weiterkommen (Näheres zu Alternativtexten für Bilder).

Die am Markt üblichen Softwarelösungen und CMS Systeme wie z.B. Wordpress zusammen mit Elementor erlauben es direkt diese Informationen anzugeben - man muss allerdings daran denken. Diese Angaben heißen oft “aria-label”, wobei Einstellungen und Angaben mit “aria-” sich immer auf Angaben für Hilfssoftware wie Vorlesesoftware beziehen (nähere Informationen zu ARIA).

Spezialfall Farbenblindheit

Etwa 4,5 % der Weltbevölkerung sind zudem teilweise oder ganz Farbenblind [1]. In diesem Fall könnte auch nur eine Blindheit für eine bestimmte Farbe bestehen, wo Personen z.B. rot und grün nicht unterscheiden können. Manchmal ist dies den betroffenen lange Zeit auch gar nicht bewusst.

Diese Unterscheidungsprobleme sind fatal, da wir üblicherweise positive Meldungen in grün und Fehlermeldungen in Rot anzeigen. Da Farbenblindheit so weit verbreitet ist, ist es daher wichtig, Farben immer nur als Zusatz zu verwenden aber nicht hauptsächlich über die Farbe zu kommunizieren. Fehlermeldungen oder Warnungen sollten immer klar schriftlich erkennbar sein. (z.B. “Fehler: da ist leider etwas schiefgegangen”, oder “dieses Feld ist erforderlich”).

Farbkontraste

Ein zusätzlicher Aspekt ist auch der Kontrast zwischen der Farbe der Schrift und der Hintergrundfarbe. Für Personen mit schlechter Sehkraft oder auch teilweise Farbblindheit ist ein ausreichender Kontrast zwischen beiden Farben notwendig, um Text gut lesen zu können.

Der notwendige Kontrast ergibt sich aus der Schriftgröße - je kleiner die Schrift, desto höher der notwendige Kontrast (näheres zur Bedeutung von Farbkontrasten). Gerade hier passieren unserer Erfahrung nach schnell Fehler. Graue Schrift für Subtexte oder weißer Text bei einem blauen Button können schnell schwer lesbar werden. Um sicherzustellen, dass das eigene Design lesbar bleibt gibt es das kostenlose Contrast-Checker-Tool von WebAIM. Im Online-Tool wird auch zwischen zwei Standards bzw. Grenzwerten “AA” und “AAA” unterschieden, wobei am Anfang ein erfüllen von “AA” ausreichend ist.

Körperliche Beeinträchtigungen

Fast jeder Vierte Europäer oder Europäerin hat eine körperliche Beeinträchtigung (Disability in the EU: facts and figures). Die Bedienung einer Maus könnte aufgrund von einer körperlichen Beeinträchtigung, fehlender Feinmotorik, Zittern oder auch einer Sehebeinträchtigung nicht möglich sein.

In diesen Fällen ist die Bedienbarkeit der Webseite über die Tastatur eine wichtige Alternative, um z.B. mit der Tabulator-Taste durch alle Links oder Felder eines Formulars springen zu können. Dabei ist die Reihenfolge wichtig - man muss also logisch von oben nach unten mittels Tabulator-Taste durch die Webseite springen können.

Ein wichtiger Aspekt ist hier, dass der Browser anzeigt, welches Element gerade mittels Tabulator ausgewählt wurde. Zu oft wird diese “Hervorhebung” oder der “Fokus” aus ästhetischen Gründen entfernt oder reduziert - das hat aber fatale Folgen für die Bedienbarkeit mit der Tastatur.

Welche Standards gibt es für Barrierefreiheit?

Für das Barrierefreiheitsgesetz ist es wichtig, dass Online-Auftritte von Unternehmen, die nicht unter die Ausnahmen fallen (siehe unten), für Menschen mit Sehbeeinträchtigung wahrnehmbar sind (Lesbarkeit, Kontrast etc.) und über mehr als einen sensorischen Kanal bereitgestellt werden (z.B. auch über Vorlesesoftware).

Aber was heißt das in Praxis?

Es gibt bereits einige Standards und Normen, die barrierefreiheit definieren und hier messbare Kriterien festlegen.

Der wichtigste internationale Standard für Barrierefreiheit ist “Web Content Accessibility Guidelines” oder kurz “WCAG” (Offizielle WCAG-Webseite), wobei der Standard an sich sehr technisch ist. In Europa gilt die Norm EN 301 549, welche den WCAG um weitere Kriterien ergänzt (Details zur Norm EN 301 549).

Der europäische Standard umfasst drei Konformitätsstufen, wobei A die absolute Mindestschwelle darstellt:

  1. Konformitätsstufe A
  2. Konformitätsstufe AA
  3. Konformitätsstufe AAA

Dabei wird unter anderem geprüft, ob die Navigation und Interaktion mit Vorlesesoftware möglich ist und ob die Schriftart groß genug sind und genügend Kontrast zur Hintergrundfarbe bieten.

Pflichten für Unternehmen aus dem Barrierefreiheitsgesetz

1. Barrierefreiheit der eigenen Webseite sicherstellen

Die wichtigste Pflicht für Unternehmen ist die Sicherstellung der Barrierefreiheit der eigenen Webseite. Je nach Webseitenumfang und Komplexität (Informationsseite oder Webshop), kann das eine größere Aufgabe sein. Bei Webshops und Web-Apps sollte daher auf eine spezialiserte Agentur zurückgegriffen werden.

Für normale Unternehmenswebseiten oder Informationsseiten reichen aber oft schon einige kleine Änderungen, um die wichtigsten Punkte abzudecken. Hierfür das kostenlose Online-Tool von WAVE herangezogen werden: WAVE - Web Accessibility Online Tool

Das Tool testet die wichtigsten Standards und gibt konkrete Handlungsempfehlungen, um die Webseite vor allem für Vorlesesoftware nutzbar zu machen.

2. Barrierefreiheitserklärung veröffentlichen

Unternehmen, die nicht unter die Ausnahmen fallen, müssen eine Barrierefreiheitserklärung auf ihrer Webseite veröffentlichen. Das Informations-Portal des FFG zur digitalen Barrierefreiheit bietet ein kostenlose Mustererklaerung an: Mustererklärung (kostenlos) .

Das ist allerdings nur ein Muster und muss auf die eigene Webseite angepasst werden. Unterstützung durch einen Rechtsanwalt oder spezialisierte Agentur kann hier sinnvoll sein. Nähere Informationen zum Inhalt der Erkärung finden sich auch auf der Informationsseite der Wirtschaftskammer Österreich: Informationsseite der Wirtschaftskammer Österreich zur gesetzlichen Pflicht .

3. Dokumente und Multimedia barrierefrei bereitstellen

Falls es Broschüren, Produktblätter oder andere Dokumente gibt, die auf der Webseite veröffentlicht werden, müssen diese ebenfalls barrierefrei sein. Hier geht es wieder primär darum, dass die Dokumente auch von Vorlesesoftware vorgelesen werden können.

Dokumente wie PDFs werden oft übersehen - sie sind aber oft noch weniger optimiert als Webseiten. Komplexe Grafiken oder Tabellen können hier schnell zu Problemen führen. Es gilt grundsätzlich derselbe Zugang wie bei Webseiten: das PDF muss auch von Vorlesesoftware vorgelesen werden können und z.B. auch ausreichend Kontrast in der Farbwahl bieten.

Das kostenlose Tool PDF Accessibility Checker PAC ist hier eine gute Hilfe, um eigene PDFs zu überprüfen. Das Tool prüft auch die wichtigsten Standards und zeigt Probleme rasch auf. Das Portal digitalebarrierefreiheit.at bietet auch eine Anleitung zur Erstellung barrierefreier Dokumente und Nutzung von des PDF Accessibility Checkers (PAC).

Dieser Artikel ist nur eine kurze Einführung und Überblick über das Thema Barrierefreiheit. Es gibt viele weitere Aspekte und Details, die in der Umsetzung auftreten.

Das Informations-Portal digitalebarrierefreiheit.at des FFG Österreich ist hier hervorragend und bietet ausführliche Informationen, Vorlagen und Checklisten zur Barrierefreiheit im digitalen Bereich.

Fazit - Warten Sie nicht zu lange mit der Umsetzung

Barrierefreiheit ist für bis zu 10 % der potenziellen Nutzer wichtig und damit nicht das Nischenthema, als das es immer dargestellt wird. Es wird vor allem oft auch unterschätzt wie sehr Beeinträchtigungen im Sehbereich oder der Feinmotorik auch im Alter auftreten.

Auch wenn Sie noch in die Ausnahmeregelung fallen, sollten Sie daher nicht auf eine Verschärfung der gesetzlichen Pflicht warten, sondern bereits jetzt beginnen, Ihre Webseite für alle User und Userinnen nutzbar zu machen.

Machen Sie Ihre Webseite jetzt barrierefrei und erreichen Sie ein breiteres Publikum!

Mit bereits einigen kleinen Änderungen, können Sie die wichtigsten Punkte abdecken. Stellen Sie sicher, …

  1. … dass Ihre Webseite gut strukturiert und übersichtlich ist (Überschriften, Listen)
  2. … dass Ihre Webseite mit der Tastatur navigierbar ist (Tabulator-Taste).
  3. … dass Ihre Webseite genügend Kontrast zwischen Vorder- und Hintergrundfarbe aufweist.
  4. … dass alle Links, Buttons und Bilder gute alternative Textangaben haben.
  5. … dass Farben nur ergänzend sind und der Inhalt über Text kommuniziert wird.

Prüfen Sie auf jeden Fall Ihre Webseite mit Online-Tools wie WAVE, um sicherzustellen, dass Sie nichts übersehen haben.

Kontaktieren Sie uns für einen kostenlosen Barrierefreiheits-Check und sichern Sie sich Ihre Position als inklusives und fortschrittliches Unternehmen.


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